Whitepaper "Loyalität und Zusammenhänge"

Je höher der Druck auf ein Unternehmen durch Wettbewerb, Globalisierung oder Krisen ist, desto wichtiger wird die Loyalität der Mitarbeiter zum Unternehmen.

 


Damit stellt sich die Frage, was ist Loyalität eigentlich. Im Internetportal Wikipedia ist Loyalität wie folgt definiert worden:

Loyalität (ˌlo̯jaliˈtɛːt, von franz.: Treue) bezeichnet die innere Verbundenheit und deren Ausdruck im Verhalten gegenüber einer Person, Gruppe oder Gemeinschaft. Loyalität bedeutet, die Werte des anderen zu teilen und zu vertreten bzw. diese auch dann zu vertreten, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt. Loyalität ist immer freiwillig. Loyalität zeigt sich sowohl im Verhalten gegenüber demjenigen, dem man loyal verbunden ist, als auch Dritten gegenüber.

Bleibt die Frage, wodurch entsteht Loyalität von Menschen zu einem Unternehmen? Das hat einerseits zu tun mit dem was das Unternehmen wie macht. Üblicher Weise wird dies im Unternehmensleitbild, insbesondere in der Vision, in der Mission und in den Unternehmenswerten beschrieben. Wenn nun das eigene Wertesystem kompatibel ist mit dem Unternehmensleitbild, dann ist dies ein fruchtbarer Boden für die Loyalität der Mitarbeiter zum Unternehmen. Andererseits wächst und gedeiht Loyalität jedoch nur, wenn das tägliche (Er)Leben im Unternehmen – man verbringt schließlich einen Großteil eines Tages in der Arbeit – diese Verbundenheit auch rechtfertigt. Wenn diese innere Logik „Ich gebe Loyalität und bekomme dafür … !“ in eine Schieflage gerät, dann verschwindet Loyalität. Man kann ganz einfach sagen: „Immer wenn bei den handelnden Personen ein negatives Gefühl als Folge eines Erlebnisses entsteht, z.B. Ärger über eine verspätete Zulieferung, Unverständnis für eine Aktion des Nachbarbereiches, Furcht vor dem erneuten Auftreten eines kritischen Fehlers, Angst vor Schuldzuweisungen, wird die Loyalität zum Unternehmen geschwächt“. Diese Schwächung wird durch den „Energieverzehr“ beim Bearbeiten der vorher beispielhaft aufgeführten Situationen ausgelöst. Wahrscheinlich hat schon jeder mal am eigenen Leib erlebt, wie anstrengend eine Besprechung wird, wenn z.B. viele Schuldzuweisungen die Runde machen, im Gegensatz dazu wenn offen und respektvoll Fehler und deren Ursachen bearbeitet werden. Wenn nun eine ausreichende Menge an Energie aus Sicht einer Person sinnlos verbraucht wurde, dann hat man sozusagen etwas gut. Dies äußert sich durch „Revanche-Fouls“ gegenüber einzelnen Personen (Rabattmarkenheft) oder eben durch Illoyalität gegenüber der Organisation. Die innere Sicht ist, dass man selbst das Recht hat sich etwas zu nehmen – eben als Gegenleistung für die sinnlos verbrauchte Energie, z.B. Arbeitszeit um private Gespräche zu führen oder etwas privates zu erledigen, sich die Arbeit leichter zu machen mit Internetspielen, eine Spesenabrechnung etwas „aufzuhübschen“, Werbeartikel im Freundeskreis verteilen oder im Extremfall Informationen gegen Geld an Dritte zu verkaufen. Je nach Persönlichkeitsstruktur führt dies natürlich zu unterschiedlichen Handlungen, gemeinsam ist jedoch die Bereitschaft etwas zu tun, was man sonst nicht tun würde. Wenn der Energieverlust hoch genug war, setzt man sich wie selbstverständlich über seine eigenen Werte hinweg und sieht sich in diesem Moment auch im Recht. Das schlechte Gewissen bzw. das in Frage stellen der Handlung führt in diesen Fällen nicht mehr zur Verhaltenssteuerung.

Psychologisch kann man dieses Phänomen damit erklären, dass Menschen im Umgang mit unangenehmen Situationen grundsätzlich zwei Strategien fahren. Die häufigste Strategie ist, die unangenehme Situation (Fehler, Abweichungen, ungelöste Probleme, usw.) so schnell wie möglich beseitigen zu wollen. Damit konzentrieren sich die beteiligten Personen aber zwangsläufig auf die auffälligen Symptome und „behandeln“ diese. In den Organisationen nennt man das für gewöhnlich „fire fighting“. Wenn dies nicht zum Erfolg führt, dann greift die zweite Strategie. Hier wird die unangenehme Situation zu „systemimmanent“ erklärt und man reagiert mit „eindämmen“. Die dramatische Wirkung dieses Vorgehens ist, dass die beteiligten Personen eine Bearbeitung dieser Probleme als „Kampf gegen Windmühlen“ erleben und sich begleitend Gefühle wie Hilflosigkeit und Ohnmacht aber auch Ärger bis Wut einstellen. Viele Dauerprobleme in Organisationen, z.B. ineffiziente Meetings, Doppelarbeiten, Spannungszustände an Schnittstellen (z.B. Vertrieb – Supply Chain) bekommen dadurch ihr Eigenleben. In der Folge kommt es zu vielen (Problem-) Besprechungen, Kontrollsystemen, Reportings, usw.

Am Beispiel von Besprechungen/ Meetings/ Gremien soll dieser Zusammenhang verdeutlicht werden. Nachstehende Fragen müssen sauber beantwortet sein, wenn die Loyalität in diesem Kontext gefördert werden soll:

  • Wer darf Besprechungen einberufen?
  • Sind die AKV´s (Aufgaben, Entscheidungskompetenzen, Verantwortung) für Besprechungskreise und Gremien verbindlich definiert?
  • Sind die Ziele (z.B. Entscheidung, Information) einer Besprechung vorher bekannt gegeben?
  • Ist jedem Besprechungsteilnehmer klar, was er vorzubereiten hat und kommt auch jeder vorbereitet?
  • Wird die Akzeptanz von Entscheidungen in der Besprechung wirklich abgeprüft bzw. welche Regeln gibt es zur Konsensfindung?
  • Gibt es im Vorfeld von Besprechungen, in denen Entscheidungen getroffen werden, einen definierten Prozess in dem der Entscheidungsspielraum der Teilnehmer in der eigenen Organisationseinheit geklärt wird?
  • Gibt es eine transparente Auswahl der Teilnehmer an Besprechungen?
  • Wird die Arbeitszeit für Besprechungen im Sinne eines Controllings sauber erfasst und Projekten bzw. Prozessen zugeordnet?


Wenn bei diesen Fragen Unklarheit besteht, dann finden sich Menschen in Besprechungen wieder, die sie als Zeitfresser oder als Desaster erleben: Es werden taktische Manöver gefahren um sich einen Vorteil zu verschaffen, es wird mit Allgemeinplätzen und Phrasen argumentiert, es werden immer neue Analysen gefordert, Entscheidungen werden vertagt und so weiter. Die beteiligten Personen erleben unnötige Anstrengung, negative Gefühle wie Ohnmacht bzw. Hilflosigkeit, Ärger und persönliche Angriffe. In diesem Milieu wird die Loyalität zur Organisation, die dieses alles zulässt, sinken.

Verstärkend kommt hinzu, dass Erfolge, die es gibt, nicht wirklich gefeiert werden, da jeder in der Organisation weiß, dass es eigentlich noch viel besser gehen würde. Damit mindern die negativen Erlebnisse den „Nährwert“ von positiven Erlebnissen zur Bildung von Loyalität.  Für die Mitarbeiter des Unternehmens bedeutet dies, dass sie sich dauerhaft in einem Milieu bewegen, welches ihnen Energie (i.S. von Selbstwertgefühl) entzieht.

Im Ergebnis sinkt über die Zeit die Loyalität der Mitarbeiter und Führungskräfte gegenüber dem Unternehmen an sich und den darin arbeitenden anderen Menschen. Genau wie im privaten Umfeld lässt man sich unter dem Einfluss von negativen Gefühlen (Unzufriedenheit, Ärger, Ohnmacht, usw.) zu Handlungen verleiten, die der Einzelne sonst für sich ausschließen würde. Aber genau dadurch steigt das Gefährdungspotenzial für die Organisation. Dabei spielt es keine Rolle ob der Umgang mit sensiblen Informationen, mit Sachwerten oder Geld unbewusst oder bewusst zu Schäden für das Unternehmen führt. Im Ergebnis bleibt sich das gleich.

Der von uns entwickelte Loyalitätsindex ist ein zuverlässiges Werkzeug um das Gefährdungspotenzial für eine Organisation systemisch zu ermitteln und die wichtigsten Handlungsfelder zu diagnostizieren. Wenn dies erfolgt ist gilt es geeignete Interventionen abzuleiten. Ziel ist es in einer überschaubaren Zeit das „Autoimmunsystem“ (Loyalität) des Unternehmens zu stärken. Wie in unserem Körper finden täglich unzählige Störungen im Stoffwechsel, Energiefluss und Informationsaustausch statt, von denen wir aber, wenn das Immunsystem in Takt ist, kaum etwas mitbekommen. Erst wenn das Immunsystem gestört ist, also die Prozesse und die Vertrauenskultur im Unternehmen gestört sind, gibt es sichtbare und spürbare Störungen. Diese werden in der Ablauforganisation sichtbar mit negativen Konsequenzen hinsichtlich der Erfüllung von Projektverträgen oder der vereinbarten Zielerreichung. Damit soll nicht ausgedrückt werden, dass Illoyalität der einzige Faktor ist, der den wirtschaftlichen Erfolg im Unternehmen beeinflusst. Natürlich braucht man optimierte Prozesse, gut ausgebildete Kernkompetenzen, einen effizienten Vertrieb usw. Aber mit einer illoyalen Mannschaft sind echte Wettbewerbsvorteile nicht zu erarbeiten. Loyalität ist sozusagen der Schmierstoff innerhalb der Organisation, der dafür sorgt dass die vorhandenen Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden und die Mitglieder sich entwickeln können. Bei einer hohen Loyalität der Mitarbeiter wird aus Verantwortung für die eigene Aufgabe und aus Verbundenheit zum Unternehmen Leistung erbracht.

Die Frage, die jetzt noch offen bleibt ist: „Wie kann man Loyalität im Unternehmen gezielt fördern?“. Konkrete Maßnahmen haben aus unserer Erfahrung immer zwei Seiten. Einerseits geht es darum den Mindset der Führungskräfte und Mitarbeiter in Richtung Gewinnermentalität zu verändern und andererseits die größten „Energievampire“ in der Organisation zu identifizieren und diese zu eliminieren. Um in der Bildsprache eines Organismus zu bleiben, es geht einerseits darum das Immunsystem zu stärken und andererseits bestehende Krankheitsherde auszuräumen. Wir haben auf Basis des Loyalitätsindex für verschiedene Szenarien Programme entwickelt um in kurzer Zeit eine deutliche Steigerung der Loyalität in Unternehmen sicher zu stellen.

von Ernst Neumann